Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Interessierte,
in der letzten Woche hat sich der Landtag von Baden-Württemberg neu konstituiert. Wir haben die Präsidentin und die Vize-Präsidenten des Landtages gewählt, die uns wieder sicher durch die Landtagssitzungen leiten werden. Im Unterschied zur vergangenen Legislatur gibt es nun wieder einen zweiten Vize-Präsidenten. In dieses Amt gewählt wurde Daniel Born, mein Kollege aus dem Wahlkreis Schwetzingen und wohnungsbaupolitischer Sprecher unserer Fraktion. In dieser Woche geht es mit der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten sowie der Ausspra-che durch die Fraktionen weiter. Das könnt Ihr live auf der Internetseite des Landtags mitverfolgen: https://www.landtag-bw.de/
Im heutigen Bericht und in den kommenden Ausgaben will ich Euch kurz und bündig vorstellen, welche Vorhaben die Regierungsfraktionen von Grünen und CDU im Koalitionsvertrag vereinbart haben und wie sich die SPD-Landtagsfraktion dazu positioniert.
Ich werde mich bei den Themen an der Reihenfolge der Ausschüsse orientieren und beginne mit folgenden Themenblöcken:
1. Recht / Medien (Ständiger Ausschuss)
Grüne und CDU beabsichtigen nun ebenfalls – wie schon seit längerem von uns gefordert - eine Änderung des Landtagswahlrechts (personalisiertes Verhältniswahlrecht mit einer geschlossenen Landesliste, aktives Wahlrecht ab 16 Jahren). Die Anzahl der Wahlkreise soll unverändert bei 70 bei einer Mindestgröße des Landtags von 120 Abgeordneten bleiben.
Für Regierungsmitglieder sollen Karenzzeiten eingeführt werden. Grüne und CDU hatten dies bereits im September 2019 angekündigt, änderten aber nichts. Einen von der SPD-Landtagfraktion vorgelegten Gesetzentwurf dazu lehnten sie im vergangenen Jahr ab.
Die Regelungen zur Offenlegung der Nebeneinkünfte sollen laut Koalitionsvertrag gemeinsam mit den Oppositionsfraktionen erarbeitet werden. In den vergangenen Legislaturperioden ergriffen die Grünen dazu keine Initiative, ein SPD-Entschließungsantrag wurde im Herbst 2020 abgelehnt.
Die vielen einzelnen Absichtserklärungen in der Justiz und im Justizvollzug decken sich überwie-gend mit SPD-Forderungen. Den positiv zu bewertenden Ankündigungen mangelt es aber an Glaub-würdigkeit, weil ein Haushaltsvorbehalt gilt. Insofern ist es erschreckend, dass die elementare hoheitliche Aufgabenerfüllung (z.B. beschleunigte Verfahren oder Bekämpfung von Hasskrimi-nalität) von der Finanzlage abhängig gemacht wird.
Die Medienpolitik wird wohl auch in der neuen Legislaturperiode keine Rolle spielen, Aussagen zur künftigen Finanzierung fehlen völlig. Es sollen laut Koalitionsvertrag der SWR-Staatsvertrag und das Landesmediengesetz novelliert werden. Nur: Dies wurde bereits vor fünf Jahren angekündigt, doch ein entsprechender Gesetzentwurf wurde dem Landtag in der Folgezeit nicht vorgelegt.
2. Innenpolitik
Der Bereich „Innen" trägt eine grüne Handschrift und wir sind im Großen und Ganzen ganz zufrieden damit. Im Kapitel Sicherheit wird betont, dass die Ausbildungskapazitäten der Polizei auf einem hohen Niveau gehalten werden sollen. Da dieser Punkt ebenso unter Haushaltsvorbehalt steht und sehr unkonkret ist, wird allerdings nicht klar, wie viele Polizist:innen ausgebildet werden sollen.
Weiter soll es eine Unterstützung durch Digitalexpert:innen geben, unter anderem bei der Strafverfolgung. Unklar bleibt aber, wann und in welchem Ausmaß hierzu etwas von der Regierung kommen wird. Auch im Punkt Cyberkriminalität gibt es große Herausforderungen, aber nur wenig konkrete Antworten, obwohl Minister Strobl immer betont, wie wichtig das sei.
Im Bereich Migration/Flüchtlinge liegt der Schwerpunkt besonders auf dem Bleiberecht. Es sollen alle Möglichkeiten genutzt werden, um gut integrierten Flüchtlingen ein Bleiberecht zu ermöglichen. Leitlinien für Rückkehr- und Abschiebepraxis sollen etabliert werden und unbegleitete Flüchtlinge nicht abgeschoben werden können. Daneben soll der Familiennachzug erleichtert werden. Im Bereich der Digitalisierung ist ein flächendeckender Ausbau mit gigabitfähigen Netzen bis 2025 geplant.
3. Finanzen
Im Kapitel Finanzen wird eine „solide Haushaltspolitik als Grundlage ihres politischen Handelns“ angekündigt. Deshalb werde die Schuldenbremse eingehalten. Die engen finanziellen Spielräume als Folge der Pandemie erforderten Priorisierung und Haushaltsdisziplin. Die meisten der benann-ten Vorhaben sind daher – Ihr wisst es schon – unter Haushaltsvorbehalt gestellt.
Ziel sei u.a., dass auf dem Weg zur Klimaneutralität das Land als Bauherr und bei Vergaben einen CO2-Schattenpreis von 180 Euro pro Tonne berücksichtige. Außerdem wollen Grüne und CDU einen Masterplan für die digitale Transformation der Verwaltung entwickeln.
Die aktuelle Steuerschätzung hat ergeben, dass Baden-Württemberg in diesem Jahr ein wenig mehr Steuern einnehmen wird als im Vorkrisenjahr 2019. Aufgrund dieser Zahlen und angesichts der großen finanziellen Rücklagen des Landes erwarten wir als SPD-Landtagsfraktion von der Landesre-gierung, dass sie die Prioritäten in den Bereichen Klimaschutz, Bildung und Wohnungsbau klug setzt und wichtige Investitionen für die Zukunft tätigt. Daran werden wir sie bei jeder Gelegenheit erinnern.
Ich hoffe, Ihr fühlt Euch mit diesen Aussagen gut informiert und verbleibe
mit solidarischen Grüßen
Eure
Gabi Rolland